Allergiezeit im Landkreis Ludwigsburg Wenn die Nase läuft oder die Haut juckt

Von Martin Hein
Da läuft die Nase: Immer mehr Menschen leiden an Heuschnupfen. Die häufigsten Allergien sind gegen Pollen, dazu gehören Frühblüher. Foto: dpa/Angelika Warmuth

Allergien treten vermehrt im Frühling auf. Inzwischen sind in Deutschland zwischen 24 und 36 Millionen Menschen davon betroffen – Tendenz steigend. Die BZ hat beim Kreis-Gesundheitsdezernat nachgefragt.

Rote Nasen, Niesen, Husten sind einige der Erscheinungen, die gehäuft im Frühling auftreten. Der Grund sind oft Allergien, ausgelöst durch die eine oder andere Pflanze. Die BZ hat beim Gesundheitsdezernat des Landkreises nach möglichen Ursachen und Auslösern nachgefragt.

Laut Dr. Uschi Traub vom zuständigen Fachbereich versteht man unter einer Allergie oder allergischen Erkrankung eine Überempfindlichkeitsreaktion des Körpers gegen harmlose, fremde Stoffe. Diese Stoffe, so Traub weiter, sind fast immer Eiweißstoffe beispielsweise von Pollen, Hausstaubmilben, Tieren, Nahrungsmitteln oder Medikamenten und werden als Allergene bezeichnet.

Häufigste Allergien gegen Pollen

Die häufigsten Allergien sind gegen Pollen, dazu gehören Frühblüher wie Haselnuss, Erle, Birke sowie Gräser, Kräuter und Getreide. Ferner können sich Allergien auch gegen Lebensmittel wie Milch, Eier, Erdnüsse, Walnüsse, Pinienkerne, Para- und Pekanüsse, Soja, Weizen oder andere glutenhaltige Getreidesorten, darunter auch Gerste, Roggen, Hafer entwickeln. Auch Allergien gegen Fisch und Schalentiere sind häufig anzutreffen, ebenso gegen Kosmetika, Medikamente, Waschmittel oder Duftstoffe sowie Hunde, Katzen, Schimmel oder auch Insektengifte (etwa von Wespen, Bienen und Hornissen).

Von Triefnase bis Quaddeln

Auf die Frage, woran man erkennt, dass man an einer Allergie leidet, listet Traub eine ganze Reihe typischer Symptome auf. Die häufigsten Allergiesymptome seien eine laufende oder tropfende Nase, tränende und juckende oder auch brennende und geschwollene Augen, häufiges Niesen, Husten, Atembeschwerden, Juckreiz, Rötungen der Haut oder auch Hautausschlag und Quaddeln.

Solche Symptome könnten nicht nur sehr unangenehm sein, sondern auch äußerst dramatische Folgen haben, so Traub. „Reagiert ein Immunsystem mit einer maximalen Überempfindlichkeit auf eine bestimmte Substanz, sprechen wir von einem anaphylaktischen Schock. Dieser Schock ist akut lebensbedrohlich“, so die Gesundheitsbeauftragte des Landkreises weiter. Die Betroffenen können Schwindel, Kopfschmerzen und Quaddeln haben, steigender Herzschlag, leichte Atemnot und Übelkeit oder Erbrechen können hinzukommen. In den schlimmsten Fällen verkrampfen sich die Bronchien und es kann zu einem Atem- und Herz-Kreislauf-Stillstand kommen, skizziert die Ärztin ein Szenario, das im schlimmsten Fall eintreten kann.

Diagnostik verläuft in vier Stufen

Wie stellt der Arzt fest, ob bei einer zunächst allergieähnlichen Reaktion tatsächlich eine Allergie vorliegt? Laut Traub verläuft die ärztliche Diagnostik in vier Stufen.

Nach dem ersten Gespräch erfolgen diverse Haut- und Labortests und, falls nötig, ein Provokationstest. Bei Letzterem wird dem Patienten gezielt das verdächtige Allergen gegeben, um den Körper sozusagen zu provozieren. Liegt eine entsprechende Reaktion vor, weiß man wogegen der Patient reagiert.

Die gängigsten Hauttests sind, so Uschi Traub weiter, der Pricktest für Soforttyp-Allergien, dazu gehören Pollen oder Tierhaare und der sogenannten Epikutantest für Spättyp-Allergien (Nickel und Duftstoffe). Beim Pricktest werden Allergenextrakte in Tropfen auf den Unterarm aufgetragen und anschließend mit einer kleinen Lanzette einen Millimeter tief in die Haut unter dem Tropfen gestochen. Nach etwa 30 Minuten prüft der Arzt, ob sich Quaddeln oder Pusteln gebildet haben. Beim Epikutantest wird dem Patienten ein Pflaster mit allergenhaltigen Pellets auf den Rücken geklebt. Nach wenigen Tagen liest der Arzt die Reaktionen ab. Antikörper wie Immunglobulin E (IgE) lassen sich anhand einer Blutprobe im Labor untersuchen. Dabei gibt der Gesamt-IgE-Wert Aufschluss über eine Sensibilisierung, während der Nachweis allergenspezifischer Antikörper Rückschlüsse auf Blütenpollen- und Nahrungsmittelallergien zulässt, führt Traub aus.

Dass Allergien zugenommen haben, bestätigt sie außerdem. Nach Schätzungen des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen sind heute bereits 24 bis 36 Millionen Menschen in Deutschland von verschiedenen Allergien betroffen. Dazu gehören neben Heuschnupfen vor allem Asthma, Neurodermitis und Lebensmittel-Unverträglichkeiten. Solche Erkrankungen seien zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch eine Seltenheit gewesen, sagt die Gesundheitsdezernentin des Kreises.

Erste Allergien wurden vor etwa 150 Jahren dokumentiert. Seit den 1970er-Jahren haben allergische Erkrankungen dramatisch zugenommen, eine Entwicklung, die in nahezu allen Industrieländern beobachtet wird. Als konkretes Beispiel nennt Traub den Heuschnupfen, an dem etwa zwölf Millionen Menschen in Deutschland leiden. Die Anzahl der von Heuschnupfen betroffenen Menschen hat sich in Deutschland zwischen 1990 und 2011 geradezu verdoppelt.

Allergien weiter auf dem Vormarsch

Eine Entwarnung ist nicht in Sicht, ganz im Gegenteil. Durch Luftverschmutzung, Feinstaub, Abgase, Ozon, verlängerte Blühphasen von Pflanzen, einhergehend mit einer höheren Pollenbelastung sind Allergien weiter auf dem Vormarsch. Birkenpollen gelten als die stärksten Allergene in Europa. Wissenschaftler gehen, so Traub weiter, davon aus, dass die Birke einen großen Anteil an der Zunahme der Allergien in Europa hat. Die Ursache, warum immer mehr Menschen an Allergien leiden sieht Traub neben Pflanzenpollen, Umweltgiften und Autoabgasen auch als Folge des Klimawandels. Etwa 20 000 allergieauslösende oder -verstärkende Stoffe haben Mediziner ausfindig gemacht. Einen weiteren Grund für die Zunahme sei die Entwicklung des Lebensstils. Einerseits habe die Umweltbelastung zugenommen, andererseits werde das Immunsystem kaum mehr durch Bakterien und Parasiten herausgefordert. Diese Stimulation des Immunsystems könne vor Allergien schützen.

Therapie in drei Schritten

Bleibt nun die Frage, was Betroffene tun können, um sich vor Pollen und dergleichen zu schützen. Eine Therapie erfolgt laut Traub in drei Schritten und zwar zuerst den Auslöser möglichst meiden sowie Medikamente zur Linderung und eventuell Immunisierung verwenden. Dazu gehören auch Nasensprays, Antihistaminika und dergleichen. Die einzige Therapie, die direkt an der Ursache von Allergien ansetzt, sei die spezifische Immuntherapie, auch Hyposensibilisierung genannt. Auch Luftreiniger scheinen, so Traub, durchaus geeignet zu sein, die Menge an Allergenen zu senken. Bei der Hausstaubmilben-Allergie helfen Anti-Milben-Bettwäsche, die Bettwäsche wöchentlich zu waschen, das Schlafzimmer regelmäßig zu lüften, harte Bodenbeläge statt Teppiche und nicht zuletzt regelmäßiges Staubwischen und – saugen. Uschi Traub empfiehlt Allergikern, die auf bestimmte Stoffe stark reagieren, ein Notfall-Set bei sich zu tragen.

Schon am Lebensanfang könne präventiv etwas gegen das Ausbilden von Allergien unternommen werden. So sei eine Stillzeit von vier Monaten eine optimale Vorbeugung, sagt Traub und verweist auf verschiedene Studien, die dies nachweisen. Schwangere, Stillende und Kinder sollten sich außerdem ausgewogen und nährstoffreich ernähren und dabei möglichst schadstofffreie oder schadstoffarme Lebensmittel zu sich nehmen.  

Medikamente als Prophylaxe

Viele Patienten und Patientinnen verwenden Medikamente erst bei Beginn der Symptome, sagt Traub. In der Pollensaison könne man auch antiallergische Tabletten vorbeugend jeden Tag einnehmen. Die Histamin-Rezeptoren würden nämlich immer empfindlicher und damit würden die Beschwerden im Laufe der Zeit stärker werden, sagt die Ärztin. Auch kortisonhaltige Nasensprays könne man vorbeugend einnehmen. Die Gesundheitsdezernentin des Landkreises weist darauf hin, dass man die Verwendung solcher Medikamente am besten mit dem behandelnden Allergologen besprechen sollte.

 
 
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